Ökologisch vom Baum bis zur Obststeige
Ökologisch vom Baum bis zur Obststeige
Wenn bei uns die ersten Blätter fallen, beginnt die Saison für Orangen, Clementinen und Grapefruits aus den Mittelmeerländern. Insbesondere Spanien und Italien versorgen uns bis zu Beginn des Frühjahrs mit den bunten Boten aus dem Süden. Da Zitronenbäume gleichzeitig Früchte und Blüten tragen, ist praktisch das ganze Jahr hindurch Erntezeit für Zitronen.
Viele Zitrusfrucht-Betriebe arbeiten schon seit Jahren nach den Richtlinien des anerkannt ökologischen Landbaus. Öko-Betriebe in den EG-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, die Vorgaben der EG-Öko-Verordnung einzuhalten. Dazu gehören u.a. das Verbot von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und die Durchführung von Kontrollen durch staatlich zugelassene Kontrollinstitute. Ähnlich wie in Deutschland gibt es auch im europäischen Ausland Öko-Anbauverbände, denen sich die Betriebe anschließen können und gemäß deren Richtlinien sie dann wirtschaften.
Orangen, Clementinen, Grapefruits und Zitronen entwickeln sich auf ökologisch bewirtschafteten Plantagen im Einklang mit der Natur. Tagsüber „tanken“ sie Sonne, sind nachts starken Temperaturschwankungen ausgesetzt und reifen am Baum voll aus. Diese Wachstumsbedingungen machen die Pflanzen gehaltvoll, aromatisch und einzigartig – ohne „Nachhilfe“ durch chemisch-synthetische Stoffe.
Oberste Priorität beim ökologischen Pflanzenbau haben die regionalen Gegebenheiten. Öko-Gärtner kultivieren z.B. solche Sorten, die robust gegen Schädlinge und Krankheiten sind oder deren Anbau sich in ihrer Region traditionell bewährt hat. Andalusien und Sizilien etwa sind schon seit Jahrhunderten als hervorragende Anbaugebiete für Zitrusfrüchte bekannt. Das verwendete Saatgut stammt nach Möglichkeit von ökologisch gezogenen Pflanzen und darf weder gentechnisch verändert noch chemisch gebeizt sein.
Nur auf gesunden Böden wachsen hochwertige Früchte. In diesem Bewusstsein tun Öko-Bauern alles, um die Bodenfruchtbarkeit zu fördern. Auf den Plantagen für Öko-Zitrusfrüchte wird kein mineralischer Stickstoffdünger ausgebracht. Stattdessen wird mit organischem Dünger gedüngt, z.B. mit Kompost oder Stallmist, der auf dem eigenen Betrieb bei der Tierhaltung anfällt. Unter den Bäumen bauen die Öko-Bauern verschiedene Untersaaten als Gründüngung an. Diese Maßnahme schützt zum einen die Böden vor Erosion, zum anderen erhalten die angebauten Pflanzen zusätzliche Nährstoffe. Die Untersaaten unterdrücken auch das Wachstum unerwünschter Kräuter. Sollte das Unkraut doch überhandnehmen, beschränken sich die Öko-Gärtner auf die mechanische Unkrautregulierung, wie etwa das Eggen oder Mulchen.
Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind im ökologischen Plantagenanbau strikt verboten. Doch was tun Öko-Gärtner, um ihre Bäume und Früchte vor Schädlingen zu schützen? Sie setzen z.B. gezielt natürliche Feinde der Schädlinge aus, etwa Schlupfwespen gegen Läuse. Auch fördern sie die Ansiedlung von Vögeln, Insekten und Käfern, die sich von den Schädlingen ernähren. In vielen Fällen ist aber auch Handarbeit nötig, um die ungebetenen Gäste von den betroffenen Pflanzen zu entfernen oder um die betroffenen Stellen mit Brennessel- und Pflanzenjauchen zu behandeln.
Wussten Sie, dass - außer Zitronen - Zitrusfrüchte nach ihrer Ernte nicht mehr nachreifen? Umso wichtiger ist es, dass die Orangen, Clementinen und Grapefruits am Baum voll ausreifen können. Im konventionellen Anbau ist es üblich, unreif geerntete Früchte in Reifekammern zu lagern. Dort werden sie künstlich entgrünt, ändern aber nicht ihren Reifezustand. Die Früchte entwickeln kein Aroma mehr, sie schmecken sauer. Öko-Gärtner hingegen achten auf die natürlichen Anzeichen der Reife, z.B. auf den Schalenglanz der Früchte: Diese sind reif, sobald ihre Schale glänzt, auch wenn sie noch grün oder grünfleckig ist. Auch das richtige Verhältnis von Zucker zu Säure im Obst (von Fachleuten „Brix-Wert“ genannt) signalisiert den Erzeugern: Jetzt haben die Früchte den besten Geschmack! Dann wird jede Frucht sorgsam von Hand vom Baum abgepflückt und auf direktem Weg zur Packstation gebracht.
Nach der Ernte sind die Zitrusfrüchte sehr anfällig für Schimmel und Fäulnis. Doch auch in diesem Stadium kommen ökologisch erzeugte Zitrusfrüchte nicht mit chemisch-synthetischen Stoffen in Berührung. Im konventionellen Bereich ist es üblich, die Früchte im Laugenbad zu waschen und deren Schalen mit Konservierungsmitteln oder Wachsen gegen Schimmelbefall zu behandeln. In ökologisch geführten Anlagen hingegen werden die Früchte lediglich durch das Waschen in Wasser oder mithilfe von Bürsten von anhaftendem Staub befreit. So bleibt die natürliche Wachsschicht der Früchte erhalten und muss im Nachhinein nicht imitiert werden. Die Schale erscheint dadurch zuweilen etwas stumpfer als bei gewachsten Früchten. So vorbereitet, rollen die Früchte auf die Sortierbänder, wo sie noch aufmerksam begutachtet und nach ihrer Größe sortiert werden. Anschließend werden sie vorsichtig von Hand in Steigen oder Netze gepackt, damit die empfindliche Ware während des Transports keine Druckstellen bekommt.
Unbehandelt heißt nicht unbelastet
Konservierungsstoffe und verschiedene Oberflächenbehandlungsmittel machen die von Natur aus empfindlichen Zitrusfrüchte über mehrere Wochen haltbar. So konservierte Früchte müssen mit einem Hinweis auf dem Etikett oder am Obstregal gekennzeichnet sein. Die Bezeichnungen "unbehandelt" oder "nach der Ernte unbehandelt" garantieren noch lange nicht eine schadstofffreie Frucht bzw. Schale. Zwar ist die Schale nach der Ernte nicht mehr behandelt worden, doch während der Wachstumsperiode können durchaus chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel angewendet worden sein. Unbehandelt bedeutet also nicht unbelastet. Die Schale aller ökologisch erzeugten Zitrusfrüchte hingegen können Sie bedenkenlos für Ihre Speisen verwenden, denn die Früchte wurden während ihres Wachstums und nach der Ernte kein einziges Mal derart behandelt. Auch für die Feldarbeiter hat der ökologische Landbau Vorteile: Sie arbeiten in einem gesunden Umfeld und riskieren keine Folgeerkrankungen aufgrund der Verwendung von gesundheitsschädlichen Stoffen.